Die feministische Küche als brodelnder Topf für neue Gedanken serviert ein neues Gericht:
DAS MANIFEST
Eva & Co hat den
Freitod
gewählt!
- Eva hat gesündigt. Viel zu lange haben wir wider besseres Wissen durchgehalten mit unseren nicht marktkonformen Bestrebungen. 10 Jahre Eva & Co - Künstlerinnengemeinschaft und feministische Kulturzeitschrift sind genug!
- Eva & Co macht den ersten Schritt, andere Institutionen könnten uns folgen! Viele wären schon längst fällig und bestehen nur noch weiter, weil sie zu feige sind, die Konsequenzen aus ihrer paradoxen und unproduktiven Arbeit zu ziehen. Frauen sind mutiger!
Wir fragen uns nun nicht nur mehr heimlich: "Wofür?"
- Die Zeitschrift Eva & Co war teuer und elitär. Wir haben es nicht geschafft, daraus ein Massenblatt zu machen. Konsumierbarkeit ist alles - möglichst leicht verdaulich, unterhaltsam, allen zugänglich, nicht zu anstrengend und bitte nicht zu ernst!
- Eva & Co war ein Alibi für die schlechte Präsenz der Frauen in der Kulturbetriebsamkeit. Wir sind nicht mehr länger Alibi! Es liegt in der allgemeinen Verantwortlichkeit, da¤ Frauen in der ·Öffentlichkeit präsenter sind.
- Und überhaupt: Kunst wird nicht gewollt - man macht sich persönlich zum Volksfeind. Die öffentlichen Stellen erhalten zwar dürftig am Leben. Aber man hat den Eindruck, dass diese auch nicht genau wissen warum, sondern nur zu feige sind, den Geldhahn ganz abzudrehen.
- Ein Staatsfeind als Schmuckstück? Kunst als Dekoration für Politiker, modische Grossstadtbürger und imagebewusste Konzerne. Kunst als Lockmittel für Touristenströme. Graz als Kulturstadt.
- Der Inhalt der Kunst, das Umstürzlerische, Revolutionäre, in Frage Stellende wird totgeschwiegen. Diskutiert wird nur Formales, Floskeln wie "Freiheit der Kunst", der Kunstmarkt etc.
- Wir wissen um die Narrenfreiheit der Künstler, aber wir wollen nicht länger die Narren sein. Uns ist es ernst mit den Inhalten!
- Heute wird alles über Geld bewertet. Was wir machen, hat offenbar wenig oder keinen Wert - wir ziehen die Konsequenzen. Interessant ist die Kunst nur als finanzielle Spekulationsware.
- Wir lehnen Kunst ab! Frauen hört endlich auf, Kunst zu machen, es ist sinnlos! Und denkt daran: Frauenkunst ist nicht in! Der überall wachsende Rassismus fordert seine Opfer. Wir sind nicht das erste.
- Wir weigern uns, weiterhin Kunst zu produzieren! Parties sind billiger, und schmücken kann man sich auch mit anderem.
- Der Erfolg hat uns umgebracht. Und nicht nur uns - bloss wir lassen uns weder verbeamten, noch verheizen, noch beschwichtigen!
- Kunst soll ein Labor sein. Das Experimentieren muss in seiner Wichtigkeit erkannt und gefördert werden - es ist notwendig für jegliche Neuerung und unabdingbar fürs Überleben.
- Wir fordern die Vielfältigkeit der Kunst und nicht lehrerhafte Entscheidungen, was Kunst ist.
- Kunst ist politisch, gesellschaftlich relevant, alltäglich.
- Künstlerinnen sollen perfekte Hausfrauen, Organisatorinnen, Managerinnen, Galeristinnen etc. sein - Schluss damit! Organisieren dürfen in Zukunft die Männer, wir werden uns auf unsere Kunst konzentrieren.
- Es reicht nicht aus, Künstlerinnen in Vereinen zu organisieren. Wir werden bessere Kampfstrategien entwickeln und uns neu formieren! Wir werden alles infiltrieren. Wir gehen in den Untergrund und in den Himmel. Und Achtung, wir werden uns in Zukunft tarnen! Ab jetzt lassen wir unserem Wahnsinn wieder freien Lauf.
- Künstlerinnen werden überall so präsent sein wie in Eva & Co.
- Wir fordern daher: 10 Jahre nur mehr Kunst von Frauen!
31. 12. 1992 Eva & Co
Wir sind gewesen:
Veronika Dreier, Reni Hofmüller, Erika Thümmel, Eva Ursprung